Qualitätsmanagement

Software für Manager Teil 7 Qualitätsmanagement

vg

In diesem Teil beschäftigen wir uns mit dem Qualitätsmanagement. Das wir im Übersichts-Teil (Software für Manager 2) wie folgt beschrieben haben:

Qualitätsmanagement: Sicherstellung der Softwarequalität durch Teststrategien, Code-Reviews und kontinuierliche Integration.

Ich habe in der Vergangenheit mal die Definition „Qualität ist das, was der Kunde bezahlt“ gehört. Und dies scheint in der Praxis weitaus breiter verbreitet zu sein, als manchen Unternehmen gut tut. Oft wird der Bereich stiefmütterlich behandelt nach dem Motto: Darum kümmern wir uns zum Schluss, erstmal muss die Software laufen und programmiert werden. Hier nun die wahre Bedeutung und was dahintersteckt.

1. Die Prinzipien von Qualitätsmanagement in der Software-Entwicklung

Qualität in der Softwareentwicklung ist mehrdimensional und umfasst nicht nur die Erfüllung der funktionalen Anforderungen, sondern auch Aspekte wie Wartbarkeit, Leistung, Sicherheit und Benutzerfreundlichkeit. Ein umfassendes Qualitätsmanagement-System in der Softwareentwicklung basiert auf den folgenden Grundprinzipien:

  • Prävention statt Korrektur: Anstatt sich darauf zu konzentrieren, Fehler nach der Entwicklung zu beheben, geht es darum, Fehler von Anfang an zu vermeiden. Hier kommen Praktiken wie Test-Driven Development (TDD) und Continuous Integration (CI) ins Spiel, um sicherzustellen, dass Fehler frühzeitig erkannt werden.
  • Kontinuierliche Verbesserung: Ein iterativer Ansatz, bei dem das Team regelmäßig die Qualität der Software, die Prozesse und die Zusammenarbeit reflektiert, um kontinuierliche Verbesserungen vorzunehmen. Dies geschieht oft durch Retrospektiven und den Einsatz von Agilen Methoden wie Scrum oder Kanban.
  • Messung der Qualität: Um die Qualität zu messen, müssen geeignete Kennzahlen definiert und kontinuierlich überwacht werden. Dies umfasst Metriken wie Code-Coverage, Fehlerdichte, Latenzzeiten oder auch Nutzerfeedback. Dies ermöglicht es, konkrete Verbesserungsmaßnahmen abzuleiten.

2. Teststrategien: Ein vertiefter Blick

Testen ist eine der zentralen Methoden, um die Qualität der Software zu gewährleisten. Teststrategien müssen nicht nur auf die Art der Tests, sondern auch auf deren Effizienz, Abdeckung und Wiederholbarkeit optimiert werden. Es gibt mehrere Testansätze, die in einem robusten Qualitätsmanagement-Prozess berücksichtigt werden müssen:

a) Test-Levels und -Arten

  • Unit-Tests: Der Fokus liegt auf der Testbarkeit einzelner Code-Einheiten. Unit-Tests sollten isoliert und deterministisch sein, das bedeutet, dass sie unabhängig von externen Faktoren (wie Datenbanken oder Netzwerken) laufen. Unit-Tests sind oft der erste Verteidigungswall, um Fehler zu vermeiden und das Vertrauen in die grundlegende Funktionalität zu erhöhen.
    • Beispiel: Ein Test, der sicherstellt, dass eine Berechnungsfunktion für Rabatte korrekte Ergebnisse liefert.
  • Integrationstests: Hierbei wird die Interaktion zwischen verschiedenen Komponenten getestet, um sicherzustellen, dass sie korrekt zusammenarbeiten. Insbesondere werden Schnittstellen und APIs getestet.
    • Beispiel: Die Kommunikation zwischen einem Web-Frontend und einer Backend-Datenbank.
  • Systemtests: Diese Tests zielen darauf ab, das gesamte System unter realistischen Bedingungen zu überprüfen. Hierzu zählen auch End-to-End-Tests, bei denen das gesamte System inklusive aller externen Abhängigkeiten getestet wird.
  • Akzeptanztests: Diese Tests werden meist von den Kunden oder Endbenutzern durchgeführt, um zu überprüfen, ob die Software die geschäftlichen Anforderungen erfüllt. Ein häufig eingesetzter Ansatz ist das Behavior-Driven Development (BDD), bei dem Tests in einer für Nicht-Programmierer verständlichen Sprache formuliert werden (z. B. Gherkin).
  • Last- und Performancetests: Diese Tests sind besonders wichtig, um sicherzustellen, dass die Software auch unter hoher Last oder bei Spitzenbelastungen zuverlässig funktioniert. Hier kommen Tools wie JMeter oder Gatling zum Einsatz.
  • Sicherheitstests: Sicherheitslücken und Schwachstellen können schwerwiegende Folgen haben. Hier sind Tools wie OWASP ZAP, Burp Suite oder Veracode unerlässlich, um Schwachstellen zu identifizieren und zu beheben.

b) Testautomatisierung und ihre Herausforderungen

Automatisierte Tests sind ein wesentlicher Bestandteil jeder modernen Teststrategie und damit das Rückgrat im Qualitätsmanagement. Sie ermöglichen eine schnelle Rückmeldung und helfen, manuelle Fehler zu vermeiden. Dennoch gibt es eine Reihe von Herausforderungen:

  • Wartbarkeit von Tests: Wenn die Software verändert wird, müssen auch die Tests entsprechend angepasst werden. Dies kann zu einem sogenannten „Test-Fluch“ führen, bei dem die Pflege der Tests genauso viel Aufwand wie die Entwicklung selbst erfordert.
  • Fehlerhafte Tests: Ein weiterer häufiger Fehler ist das falsche Testen. Ein Test, der die falsche Funktionalität überprüft oder fehlerhafte Annahmen trifft, kann zu falschen Ergebnissen führen und mehr Schaden anrichten als helfen.
  • Testabdeckung: Eine hohe Testabdeckung alleine garantiert keine Qualität. Es ist entscheidend, dass Tests die kritischen und risikobehafteten Bereiche abdecken, nicht nur die einfache „Happy Path“-Logik.

3. Code-Reviews: Mehr als nur Fehler finden

Code-Reviews sind nicht nur eine Methode zur Fehlerfindung, sondern auch ein Mechanismus, um gute Praktiken zu etablieren und die Qualität der Software langfristig zu sichern.

a) Warum sind Code-Reviews wichtig?

  • Erhöhung der Codequalität: Code-Reviews ermöglichen es, die Einhaltung von Kodierungsrichtlinien (z. B. Naming Conventions, DRY-Prinzip) und Best Practices zu überprüfen. Dadurch wird der Code lesbar, wartbar und nachvollziehbar.
  • Fehlererkennung: Auch bei exzellenter Testabdeckung sind menschliche Fehler im Code unvermeidlich. Code-Reviews erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass diese frühzeitig entdeckt werden.
  • Mentoring und Wissensaustausch: Code-Reviews fördern das Lernen im Team. Besonders für weniger erfahrene Entwickler bieten sie die Gelegenheit, durch den Blick erfahrener Kollegen zu lernen und Fehler zu vermeiden.

b) Best Practices für Code-Reviews

  • Kleine Code-Changes: Reviews sollten nicht für große Änderungen durchgeführt werden, sondern bevorzugt in kleinen, gut abgrenzbaren Einheiten. Dies reduziert die Komplexität und stellt sicher, dass keine wichtigen Details übersehen werden.
  • Fokus auf Qualität, nicht nur Fehler: Code-Reviews sollten nicht nur nach Fehlern suchen, sondern auch die Architektur und den Design des Codes hinterfragen. Hierbei sollten auch Fragen der Skalierbarkeit und Erweiterbarkeit berücksichtigt werden.
  • Automatisierung von Code-Reviews: Tools wie SonarQube, ESLint oder Checkstyle können als „erste Verteidigungslinie“ fungieren und sicherstellen, dass grundlegende Probleme wie Formatierungsfehler oder Verstöße gegen Codierungsrichtlinien sofort erkannt werden.

4. Kontinuierliche Integration (CI) und kontinuierliche Lieferung (CD)

a) CI/CD: Der Schlüssel zur schnellen und sicheren Softwarebereitstellung

CI/CD-Praktiken gehen über das bloße Testen hinaus und stellen sicher, dass der gesamte Entwicklungsprozess effizient und fehlerfrei verläuft. Kontinuierliche Integration (CI) bedeutet, dass alle Entwickler regelmäßig ihre Änderungen in ein zentrales Repository einpflegen. Diese Änderungen werden sofort durch automatisierte Tests und Builds validiert.

Kontinuierliche Lieferung (CD) geht noch einen Schritt weiter und automatisiert den gesamten Bereitstellungsprozess. Dies umfasst die automatische Bereitstellung der Software in Testumgebungen, und im fortgeschrittenen Fall auch in Produktionsumgebungen.

b) Warum ist CI/CD wichtig?

  • Schnellere Fehlererkennung: Automatisierte Tests und Builds garantieren, dass Fehler sofort bei der Integration erkannt werden, bevor sie sich im gesamten System ausbreiten.
  • Schnellere Time-to-Market: Durch die Automatisierung des Build- und Testprozesses wird die Zeit, die für das Testen und Bereitstellen neuer Funktionen benötigt wird, erheblich reduziert. Dies führt zu einer höheren Geschwindigkeit und Agilität.
  • Fehlerfreie Releases: Da die Bereitstellung eines fehlerfreien Codes durch automatisierte Tests und kontinuierliche Integration gewährleistet ist, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass Produktionsfehler unentdeckt bleiben.

c) Herausforderungen bei CI/CD

  • Komplexität der Pipelines: Eine schlecht designte CI/CD-Pipeline kann dazu führen, dass der gesamte Prozess ineffizient wird. Wenn beispielsweise zu viele Tests parallel laufen oder die Tests nicht richtig isoliert sind, können die Pipelines sehr langsam werden.
  • Integration von Legacy-Systemen: Die Integration älterer Systeme oder Bibliotheken in eine CI/CD-Pipeline ist oft schwierig, weil diese möglicherweise nicht für eine kontinuierliche Integration ausgelegt sind.
  • Fehlerhafte Deployments: Auch bei einem vollautomatisierten Deployment-Prozess ist es möglich, dass Fehler durchgehen, vor allem wenn nicht genügend Staging-Umgebungen vorhanden sind, um Releases vorab umfassend zu testen.

5. Messung und Überwachung der Qualität

Um die Qualität dauerhaft zu gewährleisten, müssen die richtigen Metriken erfasst werden. Zu den wichtigsten Metriken gehören:

  • Code-Coverage: Die Prozentsätze des Codes, die durch Tests abgedeckt sind. Hierbei gilt es, zwischen echter und falscher Testabdeckung zu unterscheiden.
  • Fehlerdichte: Die Anzahl der Fehler pro Zeile Code oder pro Komponente. Diese Metrik hilft, problematische Teile der Software zu identifizieren.
  • Build-Fehler: Die Häufigkeit von Fehlern im CI-Build-Prozess. Eine hohe Fehlerquote deutet auf Probleme im Entwicklungsprozess hin.
  • Nutzerfeedback: Insbesondere im Bereich der Benutzererfahrung (UX) ist es entscheidend, Nutzermeinungen und Verhaltensweisen zu messen und in den Entwicklungsprozess einfließen zu lassen.

Fazit

Ein tiefgehendes Qualitätsmanagement in der Software-Entwicklung erfordert eine integrative Herangehensweise, die alle Aspekte des Entwicklungsprozesses berücksichtigt — von der Planung über das Design bis hin zur kontinuierlichen Überwachung der Qualität nach dem Release. Die Kombination aus strategischen Testmethoden, strukturieren Code-Reviews und fortschrittlichen CI/CD-Praktiken ermöglicht es, Software in einer agilen und gleichzeitig fehlerfreien Weise bereitzustellen. Dabei bleibt der kontinuierliche Fokus auf der Qualität die Grundlage des gesamten Entwicklungsprozesses.

Weiter im nächsten Teil