Embedded Software Testing: Best Practices für Unit-, Modul- und Komponententests

In der Entwicklung eingebetteter Systeme ist embedded software testing ein entscheidender Faktor für Qualität, Sicherheit und langfristige Wartbarkeit. Gerade bei sicherheitskritischen Anwendungen in Bereichen wie Automotive, Medizintechnik oder Industrieautomatisierung kann ein einziger Softwarefehler gravierende Folgen haben. Um solche Risiken frühzeitig zu minimieren, kommt es auf eine systematische und praxisnahe Teststrategie an – beginnend auf der Ebene einzelner Funktionen und Module.

Dieser Artikel zeigt Ihnen bewährte Methoden, Tools und Vorgehensweisen für erfolgreiches embedded software testing – mit besonderem Fokus auf Unit-, Modul- und Komponententests. Erfahren Sie, wie Sie durch gezielte Testmethoden, testfreundliches Design und den Einsatz moderner Werkzeuge die Qualität Ihrer Embedded-Software nachhaltig steigern.


1. Entwicklungs- und Testprozess im W-Modell: Testen entlang des Lebenszyklus

Das erweiterte V-Modell, auch W-Modell, stellt die systematische Verbindung zwischen Entwicklungs- und Testaktivitäten her. Jeder Entwicklungsschritt wird direkt mit einer zugehörigen Teststufe verknüpft. Dies schafft Transparenz, Nachvollziehbarkeit und reduziert die Wahrscheinlichkeit, dass Fehler erst spät entdeckt werden.

1.1 Entwicklungsstufen

  • Systemanalyse: Anforderungen werden gesammelt, spezifiziert und analysiert.
  • Software-Design: Architektur, Schnittstellen und interne Logik werden entworfen.
  • Implementierung: Der eigentliche Code wird geschrieben.

1.2 Teststufen

  • Komponententest (Unit-/Modultest): Fokus auf einzelne Funktionen, Methoden oder Module.
  • Integrationstest: Zusammenspiel mehrerer Komponenten, inkl. Schnittstellenprüfung.
  • Systemtest: Ganzheitlicher Test der Software inklusive Simulation der Zielumgebung.
  • Abnahmetest: Prüfung, ob das System die Kundenanforderungen erfüllt.

Der Vorteil des W-Modells liegt in der frühen Einbindung von Testaktivitäten. Je früher ein Fehler gefunden wird, desto günstiger ist seine Behebung.


2. Von Unit bis Komponente: Was wird getestet?

Der Begriff „Komponententest“ wird oft mit „Unit-Test“ gleichgesetzt, doch es gibt Unterschiede:

BegriffBeschreibungBeispiel
UnitKleinste testbare CodeeinheitEine einzelne C-Funktion
ModulLogische Gruppe zusammengehöriger UnitsEine Datei mit mehreren Funktionen
KomponenteFunktionseinheit mit klarer SchnittstelleKlasse, Library oder Subsystem

Durch eine klare Abgrenzung und Namenskonventionen (z. B. mod_temperature.c, mod_temperature_test.c) wird die Wartbarkeit erhöht.


3. Testmethoden im Überblick

3.1 Statische Tests

Bereits vor der Programmausführung kann der Code auf Schwächen überprüft werden:

  • Code-Reviews: Gegenseitige Prüfung im Team – oft unterschätzt, aber extrem effektiv.
  • Inspektionen/Walkthroughs: Formale Verfahren mit Checklisten, z. B. zur Einhaltung von Coding Standards.
  • Statische Code-Analyse: Automatisiert mit Tools wie PC-lint, Cppcheck, Coverity, QAC – insbesondere bei sicherheitskritischer Software (z. B. ISO 26262, IEC 61508).

3.2 Dynamische Tests

Diese Tests laufen zur Laufzeit der Software und prüfen Verhalten, Logik und Randbedingungen.

Blackbox-Verfahren (ohne Kenntnis des Quellcodes)

  • Äquivalenzklassenbildung: Reduktion der Testfälle auf repräsentative Wertebereiche.
  • Grenzwertanalyse: Testen von Minima, Maxima, Übergängen.
  • Zustandsbasierter Test: Prüfung von Zustandsautomaten.
  • Use-Case-basierter Test: Abbildung typischer Nutzungsszenarien.

Whitebox-Verfahren (mit Kenntnis des Quellcodes)

  • Anweisungsüberdeckung: Jede Zeile wird mindestens einmal ausgeführt.
  • Entscheidungsüberdeckung: Alle Verzweigungen werden getestet.
  • Bedingungsüberdeckung: Kombinationen von Bedingungen in if-Statements.

Erfahrungsbasierte Verfahren

  • Error Guessing: Intuitives Testen basierend auf Erfahrung.
  • Exploratives Testen: Zielgerichtete Erkundung ohne festen Testplan.

4. Testmetriken: Objektive Bewertung des Codes

Metriken helfen, die Testabdeckung zu messen und Komplexität sichtbar zu machen:

  • Lines of Code (LOC): Hilfreich zur Aufwandsabschätzung, aber nicht für Qualität.
  • Zyklomatische Komplexität (McCabe): Misst Pfadvielfalt → hoher Wert = hoher Testaufwand.
  • Halstead-Metriken: Basierend auf Operatoren und Operanden → Indikator für Wartbarkeit.

Tools wie cccc oder CMT++ unterstützen die automatische Auswertung und Visualisierung dieser Metriken.


5. Design for Test: Testfreundliche Softwarearchitektur

Je einfacher eine Komponente zu testen ist, desto robuster wird das Gesamtsystem. Die Prinzipien der objektorientierten Entwicklung helfen dabei:

S.O.L.I.D.-Prinzipien

  • Single Responsibility Principle (SRP)
  • Open/Closed Principle
  • Liskov Substitution Principle
  • Interface Segregation Principle
  • Dependency Inversion Principle

Diese Prinzipien fördern lose Kopplung, hohe Kohäsion und machen das System modular testbar. Ideal für Unit-Tests und spätere Refactorings.


6. TDD in Embedded-Projekten

Test Driven Development (TDD) ist ein agiler Entwicklungsansatz, bei dem zuerst die Tests geschrieben werden – erst dann folgt die Implementierung.

Vorteile von TDD

  • Höhere Codequalität
  • Frühzeitiges Aufdecken von Fehlern
  • Verbesserte Wartbarkeit
  • Klare Spezifikation durch Tests

Embedded-TDD Strategien

  • Mocking von Hardwarezugriffen mit Tools wie Google Mock
  • Ausführung der Tests zunächst auf dem Host
  • Später Portierung auf die Zielhardware

Tooling

  • Google Test/Mock (C++)
  • Ceedling + Unity/CMOCK (C)
  • Tessy für hardware-nahe Tests

7. Integration mit der Hardware

Im Embedded-Umfeld endet der Test nicht auf dem Host-System. Die Software muss auch auf echter Hardware funktionieren:

  • Durchführung von Tests auf Evaluierungsboards (z. B. Cortex-M)
  • Keil µVision als IDE und Debug-Plattform
  • Testen mit Tessy: Automatisiertes Testen von C-Funktionen auf Hardware

8. Testmanagement: Der Rahmen für professionelles Testen

Zentrale Aufgaben im Testprozess

  • Testplanung: Umfang, Ziele, Zeitrahmen
  • Teststeuerung: Durchführung, Statuskontrolle
  • Fehlermanagement: Erfassung, Analyse, Priorisierung
  • Konfigurationsmanagement: Versionierung, Rückverfolgbarkeit

Standards & Normen

  • ISO 9126 / ISO 25010: Qualitätsmerkmale (Zuverlässigkeit, Wartbarkeit, Effizienz…)
  • IEEE 829: Standardisierte Testdokumentation (Testplan, Testfall, Testbericht)

9. Werkzeuge im Embedded-Testprozess

Typen von Testwerkzeugen

  • Statische Analysewerkzeuge (z. B. PC-lint, Coverity)
  • Dynamische Testtools (Tessy, Google Test)
  • Testdaten-Generatoren (z. B. Classification Tree Editor – CTE)
  • Metriken-Tools (cccc, CMT++)

Einführung von Tools

  • Bedarfsanalyse
  • Toolauswahl anhand definierter Kriterien
  • Pilotierung
  • Schulung und Integration in den Entwicklungsprozess

10. Praktische Übungen und Beispiele

Praxis ist der Schlüssel zur Festigung der Theorie. Typische Übungen im Testumfeld:

  • Durchführung eines Code-Reviews mit Checkliste
  • Design und Umsetzung von Blackbox- und Whitebox-Tests
  • Erstellung von Testfällen mit der Classification Tree Methode
  • Ermittlung und Interpretation von Codemetriken
  • Nutzung von Google Test und Mock im Testprozess
  • Ausführen von Tests auf realer Hardware mit Keil µVision

Fazit: Testen ist ein integraler Bestandteil der Entwicklung

Der Komponententest ist die erste Verteidigungslinie gegen Softwarefehler – und somit unverzichtbar in jedem Embedded-Projekt. Wer seine Tests früh, strukturiert und methodisch sauber aufsetzt, reduziert nicht nur spätere Fehlerkosten, sondern schafft auch die Grundlage für wartbare, skalierbare und sichere Systeme.

Testen bedeutet nicht mehr Aufwand – sondern weniger Risiko.

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